Vorträge 2024

Vorschau

 

Donnerstag, den 18. Januar 2024, 18:00 Uhr c. t.

Klassische Archäologie und Akademisches Kunstmuseum,
Römerstraße 164, 53117 Bonn

Dr. Natalia Toma (Berlin und Darmstadt)

Gegen den Trend.

Marmorbauwesen im kaiserzeitlichen Milet und                         Bauressourcendynamik in der Mäanderebene

Der Vortrag behandelt am Fallbeispiel der Stadt Milet die Wechselwirkungen zwischen der Bautätigkeit, die die Stadtentwicklung prägte, und der lokalen und überregionalen Dynamik von der Gewinnung des Baumaterials Marmor über die Distribution bis hin zum Verbau. Vorgestellt werden die Ergebnisse einer DFG-geförderten wirtschafthistorischen und archäometrischen Studie, die an den etablierten Thesen zu den Eigenheiten des kaiserzeitlichen Marmorhandels in Kleinasien und zur wirtschaftlichen Rolle der Baumaterialressourcen im Bereich der Mäanderebene rütteln. Grundlage dazu sind die Neuauslegung literarischer und epigraphischer Quellen, die Auswertung der kaiserzeitlichen Bauornamentik Milets sowie umfangreiche archäometrische Daten zum Marmor der Mäanderregion.

Halbfabrikat einer Säulentrommel aus Marmor, vermutlich für den Apollontempel von Didyma. Das für den Transport hergerichtete Werkstück wurde nicht zum Bestimmungsort gebracht, sondern blieb nahe des Steinbruchs am Südufer des einstigen Latmischen Meerbusens (heute Bafa-See) liegen. – Deutsches Archäologisches Institut, Aufnahme Natalia Toma.

 

Donnerstag, den 22. Februar 2024, 18:15 Uhr

Hörsaal der Klassischen Archäologie, AVZ III, Römerstraße 164, Bonn

Prof. Dr. Salvatore Ortisi (München) 

Neues zur Varusschlacht

Die Ausgrabungen in Kalkriese 2016 bis 2020

Der Aufbau römischer Herrschaftsstrukturen im rechtsrheinischen Germanien fand 9 n. Chr. mit dem Untergang des Statthalters Varus und seiner Armee in der Schlacht im Teutoburger Wald ein abruptes Ende. Der Rhein wurde für über vierhundert Jahre die Grenze zwischen dem römischen Reich und Germanien. Seit Langem versuchen Gelehrte, den Ort der Varusschlacht zu lokalisieren. Seit der Entdeckung eines Kampfplatzes der augusteischen Zeit bei Kalkriese im Jahr 1987 wird vermutet, das entscheidende Gefecht habe dort stattgefunden, also nördlich von Osnabrück zwischen Wiehengebirge und Großem Moor. Der Vortrag berichtet über den Forschungsstand zur römischen Militärpräsenz in Germanien und über die aktuellen Forschungen auf dem Schlachtfeld in Kalkriese.

Bei den archäologischen Grabungen in Kalkriese wurden 2016 die Reste einer antiken Geldbörse mit acht römischen Goldmünzen gefunden. – Bildrechte:  Kalkriese-Archiv.

 

Donnerstag, den 14. März 2024, 18:15 Uhr

LVR-Landesmuseum Bonn, Colmantstraße 14–16

Dr. Jens Berthold (Bornholms Museum)

Von Sonnensteinen, Schiffsbildern und Goldtrollen

Archäologie auf Bornholm

Bei Fahrten über die Ostsee spielte Bornholm als Zwischenstation eine zentrale Rolle. Die dänische Insel ist daher bekannt für ihren Reichtum an archäologischen Denkmälern und Funden. Ein Überblick von der Steinzeit bis ins Mittelalter und aktuelle Untersuchungen stehen im Mittelpunkt des Vortrages. Einen der Schwerpunkte bilden dabei neue Erkenntnisse zu reichen Edelmetallfunden der Völkerwanderungsperiode bis Wikingerzeit – auch mit manchen überraschenden Bezügen ins Rheinland.

Goldblechfigur der Zeit um 600 n. Chr. – Foto Bornholms Museum, Ausführung René Laursen

 

Donnerstag, den 11. April 2024, 18:15 Uhr

Hörsaal der Klassischen Archäologie, AVZ III, Römerstraße 164, Bonn

Prof. Dr. Oliver Stoll (Universität Passau)

Terror, Mord und Versklavung – eine typisch römische Belagerung?

Die Eroberung der nordgaliläischen Siedlung Jotapata 67 n. Chr. bei Flavius Josephus

Im Bellum ludaicum bietet Flavius Josephus eine einzigartige Schilderung des Jüdischen Krieges (66-74 n. Chr.). Während der Revolte verteidigte er selbst als Kommandeur erfolglos die Stadt Jotapata (Juni/Juli 67 n. Chr.) gegen Vespasian und Titus. Er schildert in seinem zwischen 75 und 79 n. Chr. entstandenen Werk viele Belagerungen (bis hin zu den schreckensreichen Kämpfen um Jerusalem und Masada), die mit systematischem Terror, Mord und Versklavung einhergingen – die älteste Form des totalen Krieges! Die detailreich geschilderte Eroberung von Jotapata wird in der Wissenschaft häufig als typische römische Belagerung charakterisiert, aber war sie das wirklich? Was verraten die literarische Darstellung des Augenzeugen, Historikers und Kommandeurs einerseits und der archäologische Befund andererseits über den Fall dieser Siedlung?

Der Siedlungshügel Jotapata von Norden. – Foto Wikimedia, lizenzfrei.

 

 

Donnerstag, den 16. Mai 2024, 18:15 Uhr

Hörsaal der Klassischen Archäologie, AVZ III, Römerstraße 164, Bonn

Dr. Simone Michel – von Dungern (Marktbreit)

Zeugnisse der Antike?

Zur Problematik der Kategorisierung magischer Gemmen

Als ›magische Gemmen‹ bezeichnet man positiv geschnittene Halbedelsteine, die eng mit dem antiken Amulett- und Zauberwesen korrespondieren. Sie zeigen feststehende Kombinationen aus Bildmotiv und Inschrift beziehungsweise Zeichen sowie bestimmtem Steinmaterial in festgelegten Farben. Als schützende Amulette oder heilbringende Talismane begleiteten die mitunter individuell akzentuierten oder inschriftlich personalisierten Objekte ihre Träger im Alltagsleben. Solche Steine waren insbesondere im zweiten und dritten Jahrhundert der Kaiserzeit verbreitet und gelten als aussagekräftige Zeugnisse des antiken Volksglaubens. Wie zahlreiche Imitationen und Neuschöpfungen belegen, faszinierten und beschäftigten diese Objekte stets auch Sammler und Gelehrte späterer Zeit. Der Vortrag stellt mit Einblicken in die Forschungs- und Sammlungsgeschichte der magischen Gemmen neuzeitliche Beispiele vor, entlarvt ein bislang für antik gehaltenes Exemplar als Produkt des achtzehnten Jahrhunderts und unterstreicht somit die Dringlichkeit der Kategorisierung magischer Gemmen.

„Abraxas“ auf der Rückseite eines Hämatits mit dem Schriftzug »Abraxas« in neuzeitlicher Goldfassung, The Walters Art Museum, Baltimore. Foto der Vortragenden.

 

Donnerstag, den 13. Juni 2024, 18:15 Uhr

Bitte beachten Sie den Veranstaltungsort.

LVR-Landesmuseum Bonn, Colmantstraße 14–16

Dr. Petra Tutlies (Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland)

Die mitteleisenzeitliche Siedlung bei Weilerswist

Eine Art Raiffeisen-Zentrale?

Die Siedlungslandschaft der mittleren vorrömischen Eisenzeit schien im nördlichen Rheinland bislang recht uniform: Stets geht es um mehrteilige Kleingehöfte innerhalb ihres landwirtschaftlichen Nutzraumes. Hierzu stehen die Ergebnisse von Weilerswist in deutlichem Gegensatz: Auf der Ausgrabungsfläche kamen zahlreiche Vorratsgruben und Speichergebäude für Produkte der Landwirtschaft zum Vorschein. Offenbar wurde hier Agrar-Überschuss gelagert und wohl auch verhandelt. Die verkehrsgünstige Lage des Ortes lädt zum Vergleich mit ähnlichen gleichzeitigen Orten in Mitteleuropa und zur kulturhistorischen Bewertung ein.

Weilerswist-Vernich. Mehrere nebeneinander liegende Silogruben bilden eine Speicherbatterie, in der mehrere Hektoliter Getreide gelagert werden konnten. (Foto Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Ausführung Ernst-Joachim Altmiks)

 

Donnerstag, den 18. Juli 2024, 18:15 Uhr

Hörsaal der Klassischen Archäologie, AVZ III, Römerstraße 164, Bonn

Frau Prof. Dr. Tanja Scheer (Universität Göttingen)

Männer mit Ohrringen

Geschlechterbilder in Xenophons Anabasis

Woran erkennt man unter Männern Barbarenfreunde und Verräter? Die Normen griechischer Männlichkeit, d. h. Körperinszenierung und Körperverhalten werden für zehntausend griechische Söldner, die tief im Barbarenland gestrandet sind, zum Maßstab dafür, wem man in tödlicher Gefahr trauen kann – und wem nicht.

„Kroisos auf dem Scheiterhaufen. Attische rotfigurige Amphora 500-490, Louvre G197“

 

Donnerstag, den 12. September 2024, 18:15 Uhr

Bitte beachten Sie den Veranstaltungsort.

LVR-Landesmuseum Bonn, Colmantstraße 14–16

 Prof. Dr. Klaus Grewe (Swisttal)

Antike Aquädukte

Technische Weltwunder voller Schönheit und Rätsel

Antike Aquädukte durchquerten im ganzen früheren Imperium Romanum weite Landstriche und brachten so kostbares Trinkwasser in die römischen Städte. Wer also die Grundideen oder Konzepte der antiken Baumeister finden will, muss in deren Rolle hineinschlüpfen und alles von der Planung bis zur Bauausführung in der Sichtweise des antiken Ingenieurs nachvollziehen. Baupläne oder Ideenskizzen haben sich aus antiker Zeit ja nicht erhalten. Römische Aquädukte bleiben oft rätselhaft: Warum hat der Pont du Gard drei Stockwerke, statt wie sonst üblich nur nur zwei? Was bedeuten die merkwürdigen Ziegelmarken an den Aquäduktpfeilern von Minturnae? Warum verlaufen in der Eifel zwei Kanaltrassen im Meterabstand dicht beieinander durch die Landschaft? Diesen und anderen Fragen zu den technischen Meisterwerken der Antike soll nachgegangen werden.

Der Pont du Gard. Über die 49 Meter hohe Aquäduktbrücke wurde das Wasser zur Versorgung von Nîmes geleitet. Foto Klaus Grewe.

 

Donnerstag, den 24. Oktober 2024, 18:15 Uhr

Hörsaal der Klassischen Archäologie, AVZ III, Römerstraße 164, Bonn

 Prof. Dr. Anja Klöckner (Goethe-Universität Frankfurt)

Sichtbarkeit und Wahrnehmung

Grabdenkmäler und Funerallandschaften im Treverergebiet

Vorgestellt werden erste Ergebnisse eines Projektes zur Rekonstruktion der treverischen Funerallandschaft. Im Mittelpunkt steht die formale, räumliche, funktionale und semiotischen Kontextualisierung sämtlicher Grabdenkmäler und auf dem durch sie gebildeten Bezugsnetz. Mit Hilfe modellhafter digitaler Rekonstruktionen werden Rezeptionsästhetik und Rezeptionslenkung sowie Farbcodierung und Polychromie untersucht.

 

Donnerstag, den 14. November 2024, 18:15 Uhr

Hörsaal der Klassischen Archäologie, AVZ III, Römerstraße 164, Bonn

Prof. Dr. John Weisweiler (LMU München)

Eliten und das Ende des Imperium Romanum

Nach einer weitverbreiteten Forschungsmeinung zerfiel das Römische Reich im fünften Jahrhundert unserer Zeitrechnung, weil große Landbesitzer immer mehr politische Macht und Ressourcen in ihren Händen vereinigten. Wie Vampirfledermäuse hätten also die reichsten Familien im Senat das Lebensblut des römischen Staats abgesaugt. In meinem Vortrag werde ich diese traditionelle Interpretation spätantiker Geschichte einer kritischen Überprüfung unterziehen.

Das Fragment des konsularischen Diptychons der Lampadii (möglicherweise Flavius Lampadius, der 530 d.C. zum Konsul ernannt wurde). Foto: Giovanni Dall’Orto, 25. Juni 2011

 

Donnerstag, den 12. Dezember 2024, 18:15 Uhr

Hörsaal der Klassischen Archäologie, AVZ III, Römerstraße 164, Bonn

Dr. Philipp von Rummel (DAI Berlin)

Neue Forschungen in Simitthus (Chimtou, Tunesien)

Seit 1964 ist das Deutsche Archäologische Institut in Kooperation mit dem tunesischen Denkmalamt in der antiken Stadt Simitthus (Chimtou) aktiv. Die Arbeiten der letzten Jahre dienten einerseits der nun fast abgeschlossenen Aufarbeitung von Altprojekten der 1970er und 80er Jahre und andererseits der Erforschung vor allem jener Perioden, die bisher wenig Aufmerksamkeit erfahren hatten. Der Vortrag gibt einen Überblick über die Ergebnisse der neuesten Forschungen, die unser Bild der Stadt in allen Epochen von ihren eisenzeitlichen Anfängen bis zu ihrem mittelalterlichen Ende stark verändert haben, sowie über die die Forschung begleitenden Projekte im Denkmalschutz und der Vermittlung.

Chimtou, Foto: Dr. Philipp von Rummel

 

Donnerstag, den 16. Januar 2025, 18:15 Uhr

Hörsaal der Klassischen Archäologie, AVZ III, Römerstraße 164, Bonn

Prof. Dr. Hartmut Matthäus (Universität Erlangen)

Prinias: ein urbanes Zentrum des frühen ersten Jahrtausends v. Chr. auf der Insel Kreta

Stadtanlage, Nekropole, transmaritime Beziehungen während der ,Dark Agesʻ

Prinias liegt an strategisch günstiger Position in Zentralkreta auf halbem Wege zwischen Knossos und Gortyn. Italienische Ausgrabungen seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts haben auf der Patela, dem Hügelplateau von Prinias, eine blühende städtische Siedlung des 11. bis 6. Jh. v. Chr., freigelegt, berühmt nicht zuletzt wegen eines reich mit Skulpturen geschmückten Tempels des 7. Jh. v. Chr., der in keinem Handbuch griechischer Kunstgeschichte fehlt. Nach Auflassung der Siedlung errichtete vermutlich die Stadt Gortyn dort in hellenistischer Zeit eine Festung zur Kontrolle der Nord-Süd-Verbindung.
Im Mittelpunkt des Vortrages wird die Siderospilia-Nekropole, etwa 500 Gräber umfassend, stehen, deren frühe Grabanlagen des 11. bis 9. Jh. v. Chr. reich an Waffen, Gerät aus Metall, Gewandschmuck und nicht zuletzt importierten Metallgefäßen aus dem Vorderen Orient, Zypern und Ägypten sind. Die Befunde geben Anlaß, das traditionelle Konzept eines griechischen ,Dunklen Zeitaltersʻ (Dark Ages) von Verarmung und Isolation nach dem Ende der bronzezeitlichen Hochkultur kritisch zu überdenken.

Dädalische Skulpturen vom Portal des Tempels A in Prinias, Foto: Prof. Dr. Hartmut Matthäus

 

Bitte beachten Sie den Veranstaltungsort.

Donnerstag, den 13. Februar 2025, 18:15 Uhr

Vortragssaal des LVR-LandesMuseums Bonn, Colmantstraße 14–16

Dr. Eva Rosenstock (Universität Bonn, Bonn Center for ArchaeoSciences)

Vom Boden ins Labor

Bioarchäologie im Rheinland als Schlüssel zur Vergangenheit

Seit 2021 wird mit dem Bonn Center for ArchaeoSciences (BoCAS) die naturwissenschaftliche Archäologie als neuer Arbeitsbereich an der Universität Bonn aufgebaut. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Bioarchäologie und biomolekularen Archäologie: Menschliche Skelettreste, die daraus gewonnenen Isotopenverhältnisse sowie organische Rückstände an Gefäßen und anderen Artefakten liefern wertvolle Einblicke in menschliche Ernährung, Gesundheitszustand und Mobilität sowie in Herkunft und Nutzung von Objekten. Der Vortrag beleuchtet anhand aktueller Fallstudien aus unserer Arbeit die Bedeutung der naturwissenschaftlichen Archäologie für die Erforschung der Lebenswelten vergangener Gesellschaften im Rheinland und darüber hinaus.

© LVR-LandesMuseum Bonn, Jürgen Vogel